Susanne’s Adventskalender Challenge – 15. Dezember 2022

Waldkind

Waldkind

Erinnerungen

 

Schon als Kind bin ich gerne im Wald gewesen. Vor allem wenn daheim mal wieder dicke Luft war und der Gummiteppichklopfer wie das legendäre Schwert des Damokles über meinem Haupte schwang…

Ich hatte nie Angst im Wald alleine, was sollte mir unter den schützenden Bäumen schon passieren? Außerdem waren da all die Elfen und Naturgeister. Sie lebten in uralten, mit seidig weichem  und in allen Grüntönen schillerndem Moos bedeckten Baumstümpfen und in den Gipfeln der meterhohen Tannen, Kiefern und Fichten. Ich war immer ein willkommener Gast in ihren Reihen, liebten sie doch Kinder mit einer ausgeprägt blühenden Fantasie. Und mit selbiger war und bin ich immer noch  gesegnet.

Es war zu allen Jahreszeiten schön im Wald. An warmen Frühlingstagen sammelten die Elfen Schlüsselblumen und aus den hellgelben Kelchen gab es frische Waldmeisterbowle. Im Sommer lagen alle auf dem warmen Waldboden auf dem Rücken und  versuchten unter viel Gelächter das Aussehen und die Gestalt der Wolken zu deuten. Und dann kam der Herbst! Der war schon immer meine liebste Jahreszeit mit ihren leuchtenden Farben. Für die Waldbewohner waren die Herbstmonate die arbeitsamste  Zeit; es galt Kräuter zu sammeln und vor allem mussten die vielen Pilze geerntet und für die langen Wintermonate  verarbeitet und getrocknet werden.  Im Oktober fanden beim Lagerfeuer in den fairy rings die Lagebesprechungen, wer ein guter Waldbewohner war und wer noch an sich arbeiten musste, statt; am 31. Oktober kamen abends die ganzen Hexen aus der Umgebung auf ihren Besen angeritten, um gemeinsam mit den Waldbewohnern Halloween zu feiern. Leider ohne mich! Blieb der Winter, den die Waldbewohner größtenteils in ihren Behausungen schlafend verbrachten. Ich liebte den Winterwald, es war so still und alles war gedämpft durch den hoch aufgetürmten Schnee.  Trotz all der Ruhe war doch noch einiges los im Wald. Wenn man genau hinsah, traf man hinter fast jedem Baum einen Engel, der geschäftig  unterwegs war. Die Engel verteilten Stroh in den Futterkrippen für die Tiere des Waldes. Und manchmal traf man auch sie auch mit großen Schachteln von Weihnachtsgeschenken unter den Flügeln;  sie halfen Santa aus, der mal wieder mit all den Bescherungen überfordert war.

Eines jedoch hatten die Waldbewohner nicht – und das gilt soweit ich weiß auch für die Engel – nämlich Uhren, es fehlte ihnen an Zeitgefühl. Sie lebten nach dem Motto „Alles gut“, „wird schon werden“ und „so ein schöner Tag!“  Eine meines Erachtens nach eine sehr gesunde Lebenseinstellung, zu deren erfolgreichen Umsetzung ich es bedauerlicherweise bis heute nicht gebracht habe. Leider. Zur damaligen Zeit wurde mir das fehlende Zeitgefühl öfters mal zum Verhängnis und es sah nicht allzu gut aus für mich wenn ich von meinen Expeditionen aus dem Wald nach Hause kam. Manchmal gab es für die nächsten Tage Hausarrest und wenn es ganz dicke kam, ging es ohne Abendessen ins Bett. Wobei, so schlimm war das nicht wie es sich anhört;  ich lag in meinem Bett und stellte mir vor, ich wäre bei meinen Freunden im Wald. Oft führte ich mit ihnen imaginäre Gespräche. Und – psst, nicht weitersagen –  gegen später kam die Oma, oder  auch der Papa wenn er nicht gerade auf Geschäftsreise war, ins Zimmer geschlichen und steckte mir ein Stück Brot und Käse zu!

Eine lange Zeit habe ich nicht mehr an meine Kindheitserlebnisse und meine besonderen Fantasiereisen gedacht. Schade. Aber nun doch schon seit einigen /vielen Jahren als „Erwachsen“ geltend, vergesse ich diese besondere Gabe leider viel zu oft!

 

Hiermit verspreche ich allen Elfen, Naturgeistern, Engel und Hexen, dass ich im kommenden Jahr tolle Geschichten über sie alle schreiben werde.

Cross my heart and hope to die!

 

S.B.2022

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