Susanne’s Adventskalender Challenge – 24. Dezember 2022

Hallo Weihnachts-Mann! …

… oder muss es etwa heißen Weihnachts-Frau??

 

Es war ungewohnt friedvoll und still. Ich saß mit meiner Tasse Tee und einem Teller Weihnachtskekse in meinem Sessel und genoss die Ruhe. Der Fernseher lief; es wurde eine Dokumentation über Weihnachten gezeigt und die Gang saß einträchtig davor und hörte aufmerksam zu. „Wieso heißt es eigentlich ‚Weihnachtsmann‘?“, fragte Mathilda. „Wie soll es denn sonst heißen?“, sagte Fiete verwundert, „ich hab in einem Buch gelesen, dass …“DU kannst lesen?“, fragte  Mathilda erstaunt und zog ihre Augenbrauen hoch bis zum Haaransatz. Fiete rollte mit den Augen, schüttelte den Kopf und fuhr fort  „den Weihnachtsmann gibt es bereits seit 220 Jahren. Also, wie soll es denn sonst heißen du neunmal kluges Ding?“  „Besser neunmal klug als einmal blöd! So!“ Aha, Mathilda legte einen Gang zu und ich sah ein Ende des harmonischen Beieinanders aufziehen. Schade. „Weil“, fuhr Mathilda lebhaft fort, „es könnte ja auch ‚Weihnachtsfrau‘ heißen!“  Fiete schaute Udo an und dann fingen beide lauthals an zu lachen. „Weihnachtsfrau, hahaha“, Udo hielt sich den Bauch und grinste von einem Ohr zum anderen.  „Und was gibt es da zu lachen?“, Mathilda blickte ratlos von einem zum anderen.  „Sieh doch mal Mathilde – wenn es denn eine Weihnachtsfrau gäbe“, sagte Fiete, „dann wäre an Weihnachten nix mit Grün, Natur, richtigen Tannenbäumen und Werkzeugkoffer für Männer; dann wäre alles  auf der Welt in rosa, womöglich mit  gefakten Federn und klingelingeling, süß riechend und klebrig ….!“  „Hä?“, Mathilde war sichtlich durcheinander. „Stimmt“, meinte Udo aufgekratzt, „und dann dieses ganze Engelsgedöns und überall nix wie Tüddelkram!“  Fiete nickte zustimmend mit dem Kopf. „Also das stimmt doch so gar nicht!“ Mathilda hatte einen roten Kopf bekommen und ihre Haarspitzen zitterten bedenklich. „Frauen könnten sehr wohl ein Weihnachten organisieren bei dem auch, wenn es denn sein muss, Männer oder wie immer die heißen, nicht zu kurz kommen. Wir Frauen sind nämlich allesamt Organisationstalente – die Jungs kriegen nichts auf Reihe, die sind zum Beispiel immer zu spät“! „Moooment mal“, gluckste Jonas und streckte den Kopf aus dem Wasser, „das stimmt so nicht mit der Pünktlichkeit von Frauen. Alle meine Beziehungen sind in die Brüche gegangen, weil die Damen regelmäßig zu spät zum laichen erschienen sind!“ „Zu spät zu was?“, fragte Mathilda verwirrt. Heute hatte sie es nicht leicht, die Arme. Es war wohl an der Zeit, dass ich mich an der Unterhaltung beteiligte. „Nicht so wichtig Mathilda, erklär ich dir später, o.k.? Und ihr anderen – es gibt bei Frauen und Männern von jeder Sorte welche, also sind Verallgemeinerungen blöd!“ „Siehste!“, triumphierend sah Mathilda Udo an, „blöd hat sie gesagt, blöd!“  „Ja, ja“, sagte dieser und zwinkerte mit den Augen, „trotzdem heißt es „ die Männer sind die Krone der Schöpfung …“  „Stimmt nicht Udo„ ,das wußte ich besser, „es heißt „der Mensch ist die Krone der Schöpfung“!  „Fast dasselbe“, säuselte Udo, „aber gut …“ „Blöd, blöd, blöd“!  Mathilda hatte wieder Oberwasser, das war nicht zu überhören. „Es gibt doch von so vielen Lebewesen Männlein und Weiblein, auch bei Tieren und selbst bei Pflanzen; da wäre es doch tatsächlich möglich, dass es nicht nur den Weihnachtsmann, sondern auch eine Weihnachtsfrau gibt.“  Gut zusammengefasst altes Mädchen, dachte ich stolz und klopfte mir in Gedanken wohlwollend auf die Schulter.  Blubb machte es und Jonas tauchte unter. Ein klares Statement – heute keinen Bonuspunkt für Susanne.  Fiete machte auch keinen begeisterten Eindruck  und legte mir mit vertraulicher Stimme nahe, ich solle mir doch das mit der Weihnachtsfrau  nochmal überlegen … und ob er mir eigentlich schon erzählt habe, dass er gegen Federn jeglicher Art allergisch sei und ihm die Farbe rosa auf den Magen schlage? Und Udo? Der rollte dramatisch mit den Augen; ich hatte ihn im Verdacht, dass er dies bei Mathilda abgeguckt hatte. Er meinte, er wäre auf jeden Fall dafür,  dass wir die Idee mit der Weihnachtsfrau schnell wieder vergessen und beim altbewährten Weihnachtsmann bleiben – frei nach dem Motto ‚Never change a winning team’.| Nun fehlte nur noch einer. Hank saß auf seinem Regal und hielt seinen Bären im Arm.  „Und?“, fragte ich erwartungsvoll. Hank lächelte „Ist mir vollkommen egal, ob Weihnachtsmann oder Weihnachtsfrau – Hauptsache, wir bekommen ein Päckchen!“  Ich liebe Hank, hatte ich das schon erwähnt?

Mathilda und ich sahen uns an. Einmal high five und los geht’s! „Dann werd ich mal sehn, ob ich das mit den Päckchen noch stornieren kann!“, sagte ich zu Mathilda und legte meine Stirn gekonnt in Sorgenfalten, “sonst müssen wir die Sachen ins Waisenhaus weitergeben.“ Mathilda seufzte traurig. Ringsum gingen die Köpfe nach oben und die Ohren auf. Jonas kam an die Oberfläche geschwommen und ich fragte mich zum x-ten Mal wie er unter Wasser mithören konnte!  „Was ist denn passiert?“ wollte Fiete wissen. „Nun ja, wir haben Post bekommen“, sagte ich und wedelte mit einem leeren Blatt hin und her, „es sieht so aus als ob im Rahmen der Gleichstellung von Mann und Frau am Arbeitsplatz der Vollzeitjob vom Weihnachtsmann künftig zu 50 % von einer Weihnachtsfrau  erledigt wird!  Unsere Wohnung ist dieses Jahr auf der Liste von der Weihnachtsfrau; und nachdem ihr mit einer Weihnachtsfrau nichts zu tun haben wollt, gehen eure Geschenke entweder ins Waisenheim oder zurück an den Sender.“

Totenstille. Man konnte das Entsetzen mit den Fingern greifen. Kurzzeitig. Dann prustete Mathilda los; „reingelegt, reingelegt“!, und rannte wie wild um den Tisch herum. Fiete schaute immer noch leicht blass nach seinen Kumpel Udo, der irgendwas mit ‚das war knapp‘  vor sich hin nuschelte. Jonas war abgetaucht und erzählte wild mit den Flossen wedelnd der Gang das Neueste.  Hank schaute zufrieden vom Regal herunter und Mathilda freute sich mit mir zusammen spitzbübisch über unseren Coup. „Das  hat Spaß gemacht, was Mathilda? Und apropos Gleichstellung; wir Frauen müssen zusammen halten – hilfst du mir später beim Plätzchenbacken?“  „Na gut“, meinte Mathilda, „mach ich halt mal einen guten Eindruck auf Inkognito-Weihnachtsfrau Susanne. Gibt hoffentlich ein extra Päckchen, was? Mit Goldband bitte schön!  Sonst läuft nix!“

Ach Mathilda – was hab ich bloß so lange ohne dich gemacht?

S.B. 2022

Comments

  • Karin
    REPLY

    Hab ich schon erwähnt, dass ich nicht nur die Gang und Mathilda liebe, sondern auch Dich? Du hattest recht, die Geschichte gefällt mir! Da hat sich das Warten doch gelohnt 😘

    1. Januar 2023

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